Überlebenkünstler unserer Tiefseee

Man sagt „die Rückseite des Mondes ist besser erforscht als unsere Tiefsee“ und da ist in der Tat etwas dran.

Foto: https://www.3sat.de/assets/geheimnisse-der-tiefsee-100~1280x720?cb=1564142756055 Als Tiefsee wird der unterhalb von 200 Metern liegende, weitgehend bis völlig lichtlosen Bereich des Meeres bezeichnet. Schätzungsweise 1% der Tiefsee sind bisher erforscht, es wurden erst circa 18.000 Arten gezählt. Und das obwohl unsere Meere ca. 70% der Erdoberfläche bedecken, die Hälfte davon bereits mit einer Tiefe von drei Kilometern. Die Tiefsee ist damit das größte Ökosystem unserer Erde ist.

Warum ist so wenig bekannt?

Mitte des 19. Jahrhundert bestand noch die Annahme, dass die Tiefsee unbelebtes Gebiet ist. Damals konnte bei Untersuchungen unterhalb von 600 Metern kein Leben gefunden werden. Dass die Gebiete der Tiefsee nur sehr gering besiedelt sind wusste man zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Erst als weitere Untersuchungen existierendes Leben in den Tiefen der Meere nachweisen konnten, kam die Entdeckung der Tiefsee langsam in Gang. Heute gehen die Wissenschaftler davon aus, dass es insgesamt circa 10 Millionen Arten gibt. Durch die in der Tiefe vorherrschenden schwierigen Bedingungen durch hohen Druck, Kälte und Dunkelheit ist eine Forschung in diesen Gebieten nicht unproblematisch. Die benötigten Ausrüstungen und Geräte müssen enormem Druck standhalten und sind daher kostspielig, ebenso wie die Expeditionen. Die Distanz und die riesige Fläche tragen außerdem dazu bei, dass die Erforschung der Tiefsee ein langwieriger Prozess ist. Trotzdem ist die Forschung in vollem Gange und sogar so begehrt, dass es mehr forschungswillige Wissenschaftler als Plätze auf den Deutschen Forschungsschiffen gibt. Die Forscher kommen sogar bei der Masse an neuen Arten nicht mit den Beschreibungen hinterher, zudem gibt es nur sehr wenige Spezialisten.

Welches Leben existiert in der Tiefe?

Obwohl die Lebensbedingungen sehr schlecht sind und mit zunehmender Tiefe immer schlechter werden, existieren eine sehr vielfältige Tierwelt und sehr gut aufeinander abgestimmte Ökosysteme. Jedes Lebewesen ist ein wahrer Überlebenskünstler und besitzt eigene Strategien um bestmöglichst zu überleben. Viele dort lebende Arten sind K-Strategen. Das bedeutet, dass sie langsam wachsen, spät geschlechtsreif werden, ein sehr hohes Alter erreichen und nur wenig Nachkommen zeugen, die aber sehr konkurrenzstark sind und auch Zeiten mit Nahrungsmangel überstehen können. Diese K-Strategen sind durch die Tiefseefischerei besonders gefährdet**, denn wenn die Alttiere immer wieder weggefangen werden, sind irgendwann zu wenig geschlechtsreife Tiere da, um die Population aufrecht zu erhalten und Nachkommen zu sichern.

Ein Beispiel dafür ist der Orange roughy, auch als Granatbarsch bekannt, der erst mit 25 Jahren geschlechtsreif wird und ein Alter von 150 Jahren erreichen kann. Foto: https://oceana.org/sites/default/files/_4.jpg

Der Orange Roughy ist sehr beliebt und nach seiner Entdeckung wurden innerhalb von nur 5-10 Jahren die Bestände auf 15-30% ihrer ursprünglichen Größe reduziert. In vielen Gebieten war die Art sogar kommerziell ausgerottet Die Fangquote ist inzwischen extrem reglementiert und das Fischen zum Teil ganz untersagt. Diese sogenannte Boom-and-Bust-Fischerei (Aufschwung und Pleite) ist typisch für die Jagd nach Tiefseefischarten.

Tiefsee in Gefahr

Viele Tiefseefischarten entwickeln große Bestände vor allem an Strukturen wie Seebergen, Bänken und Kaltwasserkorallenriffen. Dadurch weisen diese Regionen einen hohen Fischbestand auf und werden demnach auch stark befischt. Dadurch werden nicht nur die Populationen der Fische, sondern auch die Habitate bedroht.

Die Tiefseefischerei ist daher in gleich in zweifacher Hinsicht problematisch: Zum einen werden wertvolle Lebensräume wie etwa Kaltwasser¬korallen oder Ökosysteme an Seebergen zerstört, sofern die Netze Grundberührung haben. Zum anderen werden vor allem jene Arten, die zu den K-Strategen gehören, schnell dezimiert. Die Tiefseefischerei ist daher in gleich in zweifacher Hinsicht problematisch.Zum einen werden wertvolle Lebensräume wie etwa Kaltwasser¬korallen oder Ökosysteme an Seebergen zerstört, sofern die Netze Grundberührung haben. Zum anderen werden vor allem jene Arten, die zu den K-Strategen gehören, schnell dezimiert.

Wie wird gefischt?

In der Regel werden zum Fischen Grundschleppnetze genutzt. Diese Fischereiform führt zu massiven Schäden an Sandbänken und Riffen, da die schweren Netze mit Metallplatten und Gummirollen alles unter sich vernichten was ihnen in den Weg kommt. Zudem sind ungefähr 30-60% des Fanges für die Fischer gar nicht brauchbar und geht als Beifang wieder über Bord. Durch diese Art der Fischerei werden ganze Ökosysteme wie beispielsweise Korallenriffe, die teilweise Jahrhunderte herangewachsen sind, binnen Sekunden unwiederbringlich zerstört.

Foto: https://www.wwf.ch/sites/default/files/styles/default_large/public/2017-05/A%20bottom%20trawler%20scrapes%20the%20ocean%20floor%20destroying%20the%20habitat%2C%20Baja%20California%2C%20Mexico..jpg?itok=QMpGFGf5

Wie ist die gesetzliche Lage?

Die Fischerei in der Tiefsee ist unterschiedlich geregelt, je nach Einsatzgebiet. Auf der Hohen See – außerhalb der 200-Seemeilen-Zonen vor den Küsten – wird sie überwiegend von Regionalen Fischereimanagement Organisationen (RFMO) geregelt. Seit 2016 gibt es in der EU strengere Vorgaben zur Tiefseefischerei. Beispielsweise gibt es für sogenannte „vulnerable marine ecosystems“ strengere Schutzmaßnahmen und auch die Schleppnetzfischerei unter 800 Metern ist generell nicht mehr erlaubt.

Quellen

https://www.quarks.de/gesellschaft/wissenschaft/darum-wissen-wir-von-der-tiefsee-weniger-als-vom-mond/

http://eu.savethehighseas.org/wp-content/uploads/2015/07/DSCC-2pp-FINAL.DE_.JULY_.pdf.de

https://worldoceanreview.com/de/wor-2/fischerei/fischerei-in-der-tiefsee/

https://reportage.mdr.de/geheimnisse-der-tiefsee#9355

Dokumentation: “Extreme der Tiefsee - eisige Abgründe”, ZDF-Terra X, 23. September 2018