Die Psychologie von Nicht-Veganern
Written on July 8th, 2020 by Maria SchmidtAls Veganer kennt man die oft fruchtlosen Diskussionen mit Menschen, die einer Ernährungsform nachgehen, die tierische Produkte enthält. Obwohl die altbekannten Vorurteile von Nährstoffmangel bis hin zu „Pflanzen haben auch Gefühle“ leicht zu entkräften sind, trifft man auf Unverständnis und unumstößliche Meinungen des tierkonsumierenden Gegenübers. Dieses Verschließen vor den Tatsachen und die eingenommene Abwehrhaltung können dabei aus psychologischen Schutzmechanismen
herrühren und entstehen nicht aus einer gut informierten, sachlich fundierten Meinung.
Verleugnung der Realität Ein Spiegel-Artikel greift dieses Thema zu dem aktuellen Tönnies-Skandal auf und erklärt warum die Menschheit nach diesen Schrecknachrichten nicht sofort (zumindest) vegetarisch wird.
Das Schlagwort ist hier „die Verleugnung der Realität“ - ein psychologischer Abwehrmechanismus, der vor Angst, moralischen Selbstvorwürfen und emotional unangenehmen Themen schützen soll.
Dabei sorgen psychische Mechanismen dafür, dass Dinge, die der Mensch zwar weiß, aber nicht wissen will, aus dem Bewusstsein geschoben werden. So können weiterhin Dinge getan werden, die eigentlich für falsch oder zumindest fragwürdig gehalten werden. Dazu wird die Bedeutung der Informationen und deren Relevanz für einen selbst von der Hand gewiesen. Solange diese Tatsachen nicht im eigenen Leben akzeptiert werden, müssen auch keine Konsequenzen im eigenen Handeln erfolgen. Dieser Mechanismus findet natürlich nicht nur beim Thema Veganismus statt, sondern bei allen Themen, die bei einer ehrlichen Auseinandersetzung mit allen unangenehmen Details zu einer moralisch-getriebenen Verhaltensänderung führen müssten. Als ein weiteres Beispiel kann man hier den Klimawandel aufführen. Gerade bei Themen wie diesen, wo die Gesellschaft bislang kollektiv verleugnet
, fällt es dem Individuum leichter das auch zu tun. Obgleich dieser Abwehrmechanismus gefährlich sein kann.
Um jeden (Billig-)Preis dazugehören Dieser Mangel an gesellschaftlicher Moral lädt nicht nur dazu ein sich weiterhin dahinter zu verstecken und von billigen Fleischpreisen zu profitieren, sondern hält oft auch Individuen davon ab, ihr Verhalten in Richtung des Veganismus zu verändern.
Das psychologische Schlüsselwort ist hier das „Anschlussprinzip“ – der Mensch will dazugehören und nicht ausgrenzt werden.
Auch wenn der Wandel in der Gesellschaft immer mehr zu veganen Alternativen tendiert, sind Veganer immer noch mit einer hohen Anzahl an Stigmata
belegt wie eine Studie von bbc belegt. Das führt das dazu, dass einige Menschen Distanz aufbauen aus Angst davor, bei einer Verhaltensänderung genauso stigmatisiert zu werden wie andere Veganer es erfahren. Mit einer der Hauptgründe nicht vegan zu werden stellen also soziale Hindernisse dar.
Tiere sind süß, aber auch lecker
Die hohe Dichte an Vorurteilen und Stigmas gegenüber Veganern kann auf einen weiteren Abwehrmechanismus zurückgeführt werden. Die Vorurteile dienen dazu, Distanzen aufzubauen und dadurch das eigene Handeln zu rechtfertigen. Durch die Veganer entsteht ein Bedrohungsgefühl
, da sie eine höhere Bereitschaft haben, ihren Überzeugungen nachzugehen.
Ein zentraler Begriff ist hier das „meat-eating-paradox“ oder stärker die „moralische Schizophrenie“.
Das beschreibt, dass zwei inkompatible moralische Ansichten vertreten werden – zum Beispiel „es ist falsch Fleisch zu essen, aber es schmeckt so gut“ – und nur nach einer gehandelt werden kann. Dieses Phänomen kann moralischen Stress auslösen, der oft eben nicht in einer Verhaltensänderung resultiert – da emotional zu anstrengend – sondern darin, dass diese negativen Gefühle auf Veganer projiziert werden
.
Der Mensch isst aus Gewohnheit Tier Bei vielen Menschen werden diese Abwehrmechanismen durch Gewohnheit und der Angst vor Veränderung motiviert.
Der Spruch „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier“ ist weitgehend bekannt und auf das Thema der Ernährung, das im alltäglichen Leben eine große Rolle einnimmt, übertragbar.
Gerade, wenn es um große Veränderungen geht, scheut sich der Mensch und Abwehrmechanismen kommen zum Einsatz. Zu diesem Thema, gibt es einen interessanten Filmbeitrag mit passendem Titel „Der Mensch isst aus Gewohnheit Tier – Über die Psychologie der Veränderung“.
Letztendlich kratzt man mit endlosen und frustrierenden Diskussionen oft nur an der Oberfläche von dem, was in Nicht-Veganern vor sich geht. Psychologische Abwehrmechanismen sind meist tief verankert und schwer zu durchbrechen, sodass eine Verhaltensänderung zunächst mit der Bereitschaft des Individuums beginnen muss und erst dann können logische und sachliche Argumente für den Veganismus einen Einfluss haben. Für uns Veganer bleibt also in manchen Fällen der Trost, dass unsere Argumente komplett schlüssig und sinnvoll sein können, aber dennoch nichts bewirken, weil dem Gegenüber die eigene Psychologie im Weg steht.