Vegane Getränke

“Für mich bitte nur ein Wasser.”

Wer sich für einen veganen Lebensstil entscheidet, den erwarten einige Fallstricke. Produkte, die auf den ersten Blick vegan sein sollten, weil im Zutatenverzeichnis keinerlei tierische Produkte aufgeführt werden, sind es letztendlich doch nicht immer. Ein genaueres Hinsehen und Nachfragen lohnt sich da, sodass man als Veganer*in nicht auf die Vielfalt an Getränken verzichten muss.

Wo genau liegt das Problem?

Damit Säfte oder Weine so klar sind, wie wir sie aus dem Supermarkt kennen, müssen sie der sogenannten Schönung unterzogen werden. Schönung ist das Ausfällen von kollodial gelösten Trubstoffen durch Substanzen, die Getränken zugesetzt werden. Diese reagieren mit den Inhaltsstoffen, sodass es zu einer Ausflockung kommt, die dann abfiltriert werden kann [1]. Ein industriell bedeutsames Schönungsmittel ist, neben Tanninen, Bentonit, Kieselsol und pflanzlichen Proteinen (z.B. Erbsenprotein), die Gelatine. Diese ist ein Protein, welches aus tierischem Bindegewebe gewonnen wird und ist damit nicht vegan.

Da Schönungsmittel als technische Hilfsstoffe gelten, müssen sie auf der Verpackung nicht deklariert werden. Man geht davon aus, dass diese wieder vollständig aus dem Produkt entfernt werden. [2] Dennoch, wenn man sich vegan ernährt, geht es nicht darum, was im Produkt verbleibt, sondern, dass für den Einsatz dieses Schönungsmittels Tierleid verursacht wurde. Daher ist es mit einem veganen Lebensstil im Allgemeinen nicht vereinbar, derartige Produkte zu konsumieren.

Ist Gelatine als Schönungsmittel wirklich notwendig, oder gibt es Alternativen?

Im Rahmen meines Studiums der Lebensmitteltechnologie haben wir einen Versuch durchgeführt, bei dem die klassische Bentonit-Gelatine-Kieselsol-Schönung mit einer veganen Variante (Erbsenprotein-Tannin-Bentonit-Schönung) verglichen wurde. Tannine sind Gerbstoffe aus Stauden oder Sträuchern, während Bentonit ein Tonmineral ist. Es wurden drei naturtrübe Apfelsaftproben mit der klassischen Schönung behandelt, wobei die Menge an Gelatine variierte, und eine vegane Schönung am Apfelsaft durchgeführt. Alle Proben wurden mindestens eine Stunde stehen gelassen. Mit der Zeit bildete sich unten bei allen ein Absatz an Trubstoffen, sodass der obere Teil dekantiert und einer Trübungsmessung unterzogen werden konnte. Dabei wurde festgestellt, dass bei der klassischen Schönung sich sowohl zu wenig (nicht alle Trubstoffe wurden entfernt) als auch zu viel Gelatine (Nachtrübung) negativ auf das Ergebnis auswirkt. Eine dritte Probe enthielt die passende Menge an Gelatine, sodass bei dieser die geringste Trübung gemessen wurde. Die vegane Variante kann mit dieser Probe durchaus mithalten. Auch hier war die Schönung erfolgreich und der Trübungswert lag nur minimal über dem der klassischen Schönung. Somit lässt sich sagen, dass es durchaus schon passende Alternativen auf dem Markt gibt. Die Saftindustrie hat sich diese auch zu Nutze gemacht, sodass viele im Handel erhältliche Säfte bereits das Vegan-Label tragen können.

Doch warum wird diese Art der veganen Schönung so selten für Weine eingesetzt?

Dazu habe ich die Winzergenossenschaft Rammersweier in Baden und die Winzergenossenschaft Meißen in Sachsen per Mail angeschrieben. Von den Meißner Winzern erhielt ich leider keine Antwort. Die WG Rammersweier antwortete mir, dass Gelatine deutlich günstiger ist als Erbsenprotein. Gerade kleinere Betriebe müssten ihre Weine deutlich teurer verkaufen, wenn sie auf die vegane Schönung umsteigen würden. Als weiterer Punkt wurde mir die Anwendung genannt. Die Dosierung während der Mostflotation sei einfacher mit der Gelatine. Mir wurde allerdings bestätigt, dass das Ergebnis nicht unbedingt besser als bei einer veganen Schönung sei.

Wie so oft stellt auch hier der viel zu günstige Preis für tierische Produkte eines der größten Probleme dar. Ich finde es schade, dass diese Preisschlacht letztendlich auf Kosten der Tiere ausgetragen wird. Solange es kein Umdenken in der tierverarbeitenden Industrie gibt, wird sich wahrscheinlich auch beim Thema Gelatine in Wein oder Sekt nicht viel ändern.

Und wie sieht es aus mit Bier?

Die Zutaten eines Bieres nach dem deutschen Reinheitsgebot von 1516 (Malz, Hopfen, Hefe und Wasser) sind vegan [2]. Aber auch hier müsste Gelatine nicht gekennzeichnet werden, wenn sie als technischer Hilfsstoff eingesetzt werden sollte. Eine Anfrage der Website vegpool.de an den Deutschen-Brauer-Bund e.V. hat allerdings ergeben, dass keine der großen Brauereien in Deutschland Gelatine einsetzt. Auch eine Hausenblase (also die Blase eines Fisches) wird hierzulande nicht verwendet. Bier wird nach der Herstellung mehrere Wochen gelagert, sodass Trubstoffe sedimentieren können und vor dem Abfüllen nochmal gefiltert, ohne den Einsatz tierischer Produkte. Allerdings kann dies bei Bieren aus ausländischen Brauereien trotzdem der Fall sein, da dort nicht das deutsche Reinheitsgebot greift. Auch bei kleineren Brauereien oder Hobbybrauern könnte Gelatine zum Einsatz kommen, da diese nicht immer die finanziellen Mittel für eine technisch aufwendige Filteranlage besitzen. Hier hilft im Zweifelsfall nur nachfragen oder auf naturtrübes Bier zurückzugreifen.

Ich hoffe, ich konnte euch durch meine Recherchen etwas Licht ins Dunkel bringen, was vegane Getränke angeht. Jeder Einkauf ist ein Stimmzettel, wenn wir alle mehr vegane Produkte kaufen und auf die entsprechenden Labels achten, haben wir damit einen direkten Einfluss auf den Markt. Unter den Links findet ihr auch eine Liste der veganen Weine in verschiedenen Supermärkten, es lohnt sich, auch da mal vorbei zu schauen.

Links:

Liste veganer Weine: https://www.der-weinsnob.de/veganer-wein-liste-supermarkt/

WG Rammersweier: https://www.wg-rammersweier.de/

WG Meißen: https://www.winzer-meissen.de/

Vegpool (ist Bier vegan?): https://www.vegpool.de/magazin/ist-bier-vegan.html

Quellen:

[1] Schobinger, U. (2001): Frucht- und Gemüsesäfte: Technologie, Chemie, Mikrobiologie, Analytik, Bedeutung, Recht, 3. Auflage, Ulmer

[2] Baltes, Matissek (2011): Lebensmittelchemie, 7. Auflage, Springer Berlin Heidelberg